Psychodrama

Das Psychodrama ist eine psychodynamische Behandlungsform, die vor rund 100 Jahren von Jacob Levy Moreno entwickelt wurde. Moreno selbst beschrieb Psychodrama als „diejenige Methode, welche die Wahrheit der Seele durch Handeln ergründet“, mit dem Ziel „die menschliche Spontaneität freizusetzen und gleichzeitig in das gesamte Lebensgefüge des Menschen sinnvoll zu integrieren“

In all seinen Anwendungsfeldern bedeutet das Psychodrama als Verfahren die handelnde oder szenische Darstellung des inneren Erlebens einer oder mehrerer Personen sowie deren äußerer Situationen. Obwohl das Psychodrama ursprünglich als Gruppenpsychotherapie konzipiert war, haben sich mittlerweile auch Formen psychodramatischer Einzelarbeit etabliert, sowohl in der Psychotherapie wie in der Beratungsarbeit (Coaching, Supervision). Die fehlenden Mitspieler werden hierbei durch Gegenstände (Stühle, Kissen, Steine, Handpuppen, Symbolgegenstände etc.) ersetzt. Zuweilen übernehmen auch die Psychotherapeuten kurzfristig Rollen.

Das griechische Wort Psychodrama setzt sich aus „Seele“ sowie „Handeln, Vorgang“ zusammen. Es ist eine kreative Methode, die mit einzelnen oder in der Arbeit mit Gruppen eingesetzt wird. Eine Besonderheit liegt darin, dass in der Psychotherapie mit dem Psychodrama einerseits die Erlebnisebene aktiviert, Kreativität, Neugierde und Spontanität gefördert wird. Es weist somit eine konkrete Handlungsorientierung auf. Zum anderen beschreibt das Psychodrama menschliches Erleben oder konkrete Menschen in unterschiedlichen Rollen und lässt diese handeln. Dabei können sowohl vergangene als auch gegenwärtige und sogar auch zukünftige Situationen in Szene gesetzt werden. Entscheidend ist dabei die innere Wirklichkeit der betreffenden Person, die szenisch dargestellt wird.

 

Praktisches Vorgehen mit dem Psychodrama in der Einzeltherapie (Monodrama):

Nachdem Patient und Therapeut gemeinsam im Vorgespräch das Anliegen, z.B. eine aktuelle Konfliktlage, angesprochen und mit  Einfällen angereichert haben, wird eine psychodramatische „Bühne“ aufgebaut. Das kann ganz einfach ein klar abgegrenzter freier Platz auf dem Teppich im Behandlungszimmer sein, oder auch die „Tisch-Bühne“. Die Bühne ist ein zentrales Instrument des Psychodramas. Auf ihr wird im psychodramatischen Spiel z.B. ein innerseelischer Konflikt oder ein aktueller oder vergangener Konflikt zwischen zwei Menschen szenisch dargestellt. Mit einigen wenigen Requisiten, zum Beispiel zwei oder mehreren Stühlen, Tüchern, Kissen, Seilen wird gemeinsam eine Szene aufgebaut, die den zu bearbeitenden Konflikt symbolhaft sichtbar macht. Ein sorgfältiges Einrichten der Bühne und der szenische Aufbau bewirken, dass Protagonist und Therapeutin sich intensiv auf die zu bearbeitenden Szene einlassen können. Auf der Tischbühne wird die Szene z.B. mit unterschiedlichen Steinen, Naturmaterial oder Holzstückchen aufgebaut, durch welche z.B. Personen oder Gefühlszustände symbolhaft dargestellt werden. Eine andere Möglichkeit besteht darin, den innerseelischen Konflikt oder den interpersonellen Konflikt mit zwei unterschiedlichen selbst ausgewählten Handpuppen zu besetzen, welche im Rollentausch wechselseitig mit der Therapeutin bespielt werden. Durch die psychodramatischen Techniken des Rollentauschs, des Rollenwechsels oder des Doppelns erlebt der Patient sich mit Unterstützung seiner Therapeutin sowohl in seiner bisher bekannten persönlichen Rolle, wie er gleichzeitig neu lernt, sich durch Einfühlung z.B. in die Rolle des Konfliktpartners zu versetzen. Es ist genauso gut möglich, mit dem Handpuppen-Dialog einen inneren Zwiespalt zu erforschen. Depressive Menschen leiden zum Beispiel häufig darunter, dass sie sich einerseits mit der inneren Stimme sagen: „Streng dich noch mehr an!“. Andererseits hören sie eine weitere innere Stimme, die ihnen rät: „Ruh dich erst einmal wieder aus!“. Durch die neue Erfahrung in beiden Rollen während des psychodramatischen Spiels erlebt der Patient gemeinsam mit seiner Therapeutin emotional korrigierende Einsichten, spürt seine Gefühle differenzierter und erprobt alternative, gesündere Handlungsstrategien in einem geschützten Erfahrungsraum.


Anwendungsbereiche:

Das Psychodrama wird sowohl bei der Behandlung von Menschen mit neurotischen Störungen, Depressionen und Ängsten als auch bei der Behandlung funktioneller und psychosomatischer Beschwerden eingesetzt. In der Krisenintervention, bei Coaching und Supervision hat es sich ebenfalls bewährt. Seit vielen Jahren wird die Methode wissenschaftlich untersucht und konsequent störungsspezifisch abgewandelt. So kann Psychodrama auch bei der Behandlung von Menschen mit Suchterkrankungen und Persönlichkeitsstörungen eingesetzt werden. Wegen seiner gut steuerbaren Begrenzung der zeitlichen und räumlichen Dimension des Erlebens bei gleichzeitiger Förderung von Kreativität und Spontanität lassen sich Selbst-und Fremdwahrnehmung verbessern. Auf diese Weise wird auch gesundes Kommunikations-und Konfliktverhalten gefördert.

 

Dr. med. Birgit Koerdt-Brüning . Ärztliche Psychotherapeutin
Elsener Str. 92 - 94 . 33102 Paderborn . Telefon (05251) 8 79 72 79