Katathym imaginative Psychotherapie (KIP)

Die Katathym imaginative Psychotherapie (KIP) ist eine psychodynamische Behandlungsform, die ab 1955 von Prof. Dr. Hanscarl Leuner aus Göttingen als eine Sonderform der tiefenpsychologischen Psychotherapie entwickelt wurde. KIP beruht auf dem theoretischen Konzept der Psychoanalyse nach Sigmund Freud mit ihren vielfältigen Weiterentwicklungen. Ihr Spezifikum ist ein eigenes, behandlungstechnisch heute weit ausgereiftes Verfahren. In diesem sind der therapeutisch begleitete Tagtraum, das anschließend vom Patienten gemalte Bild, die gemeinsame Bildbesprechung und die neue Einordnung in die aktuelle Situation des Patienten zentrale Elemente.

Das griechische Wort „katathym“  bedeutet: „gemäß den Gefühlen“. Im Zentrum der KIP stehen Imaginationen, welche durch intensive innerpsychische emotionale Prozesse angeregt und gesteuert werden. Die Imagination wird durch die dialogische Begleitung der Therapeutin unterstützt.

Praktisches Vorgehen:

Nach einer angeleiteten Phase der Entspannung, die eine psychophysische Umstellung bewirkt und die Aufmerksamkeit auf innerpsychische emotionale Prozesse lenkt, schlägt die Therapeutin ein Motiv vor, welches der Patient sich vorstellen soll. Die Motivauswahl richtet sich dabei nach der momentanen Fragestellung, z.B. wenn Ressourcen aktiviert werden sollen oder ein Konflikt erkennbar ist. Wichtige Tagtraummotive sind beispielsweise ein Bach, ein Haus, ein Waldrand, eine Bezugsperson. Durch die Motivvorgabe und die spezifisch auf die momentane Situation des Patienten abgestimmte Form der therapeutischen Begleitung werden aktuelle Stimmungen, bewusste oder unbewusste Konflikte sowie Ressourcen angesprochen und zur Entfaltung gebracht. Innere Befindlichkeiten werden in symbolisch verdichteter Form dargestellt. Der Patient beschreibt die Imagination und wird dabei von der Therapeutin begleitet, die ihn z.B. zu neuen Verhaltensweisen ermutigt. Die vertrauensvolle therapeutische Beziehung wird hilfreich und entwicklungsfördernd eingesetzt. Im anschließenden Gespräch und beim Gespräch über das später vom Patienten gemalte und mitgebrachte Bild wird das Erlebte mit aktuellen Themen, Konflikten und der Lebensgeschichte verbunden. Ziel ist es, diese sinnvoll in den biographischen Kontext zu integrieren. In einer kontinuierlichen Behandlung kann je nach Indikation und Verlauf etwa in jeder 4. Sitzung ein Tagtraum erfolgen. Am Ende der Therapie schauen Patient und Therapeut dann auf eine Abfolge von Tagträumen und Bildern, die in symbolhafter Weise den Behandlungsverlauf widerspiegeln. Fortschritte und Entwicklung werden auch auf diese Weise für beide sichtbar und können benannt werden.

Anwendungsbereiche:

Die KIP hat sich sowohl in der Behandlung von neurotischen Störungen, Depressionen und Ängsten als auch von funktionellen und psychosomatischen Beschwerden sowie in der Krisenintervention sehr bewährt. Seit Jahren wird das Verfahren in Studien wissenschaftlich untersucht und hinsichtlich Indikationen und abgestimmter Behandlungstechnik weiter differenziert. Unterstützend und hilfreich wird KIP auch bei psychischen Belastungsstörungen infolge körperlicher Erkrankungen, wie z.B. Krebserkrankungen, eingesetzt. Sie wird sowohl für Kurzzeittherapien und für längere Behandlungen genutzt. In modifizierter Form eignet sich die Imagination zur Förderung kreativer Prozesse, z.B. bei Schreibblockaden oder in Projektbegleitungen.

Dr. med. Birgit Koerdt-Brüning . Ärztliche Psychotherapeutin
Elsener Str. 92 - 94 . 33102 Paderborn . Telefon (05251) 8 79 72 79